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Mehrwertsteuer-Senkung – dreht die Regierung nun an der Konsum-Kurbel? / dpa

Exklusive Insa-Umfrage - Deutschland in Shoppinglaune? Eher nicht

Das Konjunkturpaket der Bundesregierung soll die Wirtschaft stärken. Die GroKo will mit ihrer Mehrwertsteuer-Senkung den Konsum anregen – laut einer exklusiven Insa-Umfrage für „Cicero“ ändert das für viele Deutsche allerdings nichts.

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Rixa Fürsen macht einen Master in Internationalen Beziehungen an der Hertie School in Berlin. Derzeit hospitiert sie in der Redaktion von CICERO.

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Die Coronakrise zwingt die deutsche Wirtschaft in die Knie. Als Antwort hat die GroKo das größte Konjunkturpaket geschnürt, das Deutschland je gesehen hat. Darin enthalten sind Mehrwertsteuer-Senkungen von 19 auf 16 Prozent und von sieben auf fünf Prozent. Bis mindestens zum Jahresende soll die gesenkte Mehrwertsteuer die Kauflaune der Verbraucher wiederbeleben und den Konsum anregen. 

Doch laut einer exklusiven Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für Cicero zwischen dem 3. und 6. Juli plant nur jeder Zehnte wegen der gesenkten Mehrwertsteuer größere Käufe für das nächste Halbjahr. Aktuell scheint die große Mehrheit der Deutschen der Erwartung der Regierung nicht gerecht werden zu wollen.

Mittelschicht bleibt unbeeindruckt

Besonders an den politischen Rändern stößt die Mehrwertsteuer-Senkung auf Ablehnung: Nur fünf Prozent der Anhänger der Linken und sieben Prozent der AfD planen im nächsten Halbjahr größere Käufe. Bei Anhängern der CDU/CSU und der Grünen sind es immerhin jeweils 13 Prozent. Anhänger der SPD und FDP kommen sogar auf jeweils 16 Prozent. Im Allgemeinen fühlen sich Männer durch die gesenkte Mehrwertsteuer eher zum Konsum angeregt als Frauen – ebenso wie jüngere Menschen, Menschen aus den Neuen Bundesländern oder Menschen mit einem Migrationshintergrund. 

Ein leichter Trend ist ein ebenfalls bei den Einkommensklassen zu entdecken: Während sich Menschen mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 3.000 Euro bis 4.000 Euro am meisten beeinflussen lassen (16 Prozent), lassen sich Menschen mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 1.000 Euro bis 2.000 Euro (sieben Prozent) von der Mehrwertsteuer-Senkung am wenigstens beeindrucken.

An der Befragung nahmen 2.040 Personen aus Deutschland ab 18 Jahren teil. Das Meinungsforschungsinstitut führte die Umfrage online durch.

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Tomas Poth | Do., 9. Juli 2020 - 19:24

Also bei der Trinkmilch ist die Senkung der Mehrwertsteuer in meinen Einkaufsquellen angekommen. Dank also für die Weitergabe des Differenzbetrages. Aber deswegen verbrauche ich nicht mehr Milch!! Warum sollte ich?
Bei anderen Produkten muß ich noch prüfen, sofern das möglich ist wegen der ständigen Änderungen durch Sonderangebote.
Neue Anschaffungen für langlebige Produkte stehen derzeit und die zukünftigen 2 bis 3 Jahre nicht an.

Bettina Jung | Do., 9. Juli 2020 - 20:35

Ob das Geld erarbeitet wird und die künftigen Einnahmen unsicher sind, z.B. durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit, oder die großzügigen Transferleistungen inkl. Kinderzuschlag i.H.v. 300€ in Kauflaune versetzt. Da fällt mir spontan der syrische Familienvater mit 3 Frauen ein, der gutgelaunt erklärte,er wisse nicht die Höhe der Leistungen, er hole das Geld einfach von der Bank. Wenigstens ei diesen Herrschaften herrscht noch Kauflaune. Ein Blick in die Innenstadt bestätigt die Einschätzung der Autorin

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 9. Juli 2020 - 21:01

Überlegen Sie mal Frau Fürsen, wer am Existenzminimum lebt, braucht viel mehr?
Kaufen die überhaupt Größeres ein? Und wenn sie größere Mengen einkaufen müssen, sehen sie evtl. doch den Unterschied.
Ich verspreche "mir" mehr von der Erhöhung des Mindestlohnes für diese Menschen, bessere Bezahlung für Knochenjobs und billige Varianten in jedem Bereich, der etwas kostet.
Und in diesem Sinne darf Gabriel ruhig weitermachen, wie Augstein gegenüber Blome zurecht anmahnt.
Tolle Diskussion zu dem Thema

Stefan Jurisch | Fr., 10. Juli 2020 - 07:35

Wenn man mal nur 10 Sekunden nachdenkt und den Dreisatz bedient, findet man heraus, dass ich durch die Senkung der MWSt bei z.B. einem 20.000-Euro-Auto gerade mal rund 600 spare. Mit halbwegs Verhandundlungsgeschick hole ich locker das doppelte raus. Das ist kein Konjunkturpaket, sondern eine Posse. Anderes Beispiel: ich bekam eine neue Rechnung für zwei Fahrkarten, die neue berechnet wurden. Ergebnis: brutto genauso teuer, netto teurer. Und der Rechnungslauf hat lediglich Geld gekostet... immerhin nicht meins.
Ich halte von den ganzen finanziellen Maßnahmen nicht viel. Große Konzerne werden gestützt, andere Branchen (Events etc.) fast völlig vernachlässigt, und die ach so systemrelevanten Berufe wurden beklatscht und werden jetzt nicht mehr berücksichtigt. Wo sind die Milliarden für Krankenhaus- und Pflegepersonal, Retter und Gesetzeshüter?

Gerhard Reinelt | Fr., 10. Juli 2020 - 11:35

mit einer (wenn sie überhaupt weitergegeben wird) Preisreduktion von etwa 2.5% entfachen zu wollen, zeugt schon von einer gewissen Weltfremdheit.

Heidemarie Heim | Fr., 10. Juli 2020 - 13:00

Danke liebe Frau Fürsen! Dieser "Trend" bestätigt auch meine persönlichen Beobachtungen im näheren Umfeld. Wie viele meiner Vorredner denke ich auch, dass es dabei um den Erwerb von nicht alltäglichen Konsumgütern geht und wie die Umfrage auch zeigt da natürlich das Einkommen und vor allen Dingen vorhandene bzw. nicht vorhandene finanzielle Sicherheiten oder Rücklagen wohl eine Hauptrolle spielen. Das, Cave
Klischee;)! unsere männlichen Zeitgenossen schon immer zu den etwas kostspieligeren Spielzeugen neigen, dürfte uns Frauen nicht eben verwundern;). Wobei selbst da bei aller Liebe zu vielleicht größerem technischen Gerät wie Herr Jurisch bemerkte, ein rein rechnerischer Pragmatismus einsetzt. Eine der jüngsten Umfragen wie man selbst seine wirtschaftliche Lage einschätzt, zeichnete ein ähnliches Bild. Eine Mehrheit zeigte sich alles in allem zufrieden zuversichtlich, was eventuell nun aber auch zu Enttäuschungen im Handel führte weil man sich daraus z.B. mehr erhoffte. MfG